Die WHO sieht den Klimawandel als die größte Gefahr für die Gesundheit der Menschheit an. Im Zug der Veränderung werden Wetterextreme wie Hitzewellen, Stürme und starke Niederschläge in Österreich mehr werden. Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Säuglinge, Kleinkinder, alte und/oder chronisch kranke Menschen etwa mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Lunge und Nieren, mit Diabetes sowie unterdrücktem Immunsystem und schwerem Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko.
Erste, mit dem Klimawandel einhergehende Veränderungen, sind in Österreich in allen Regionen zu bemerken. Die deutliche Zunahme von Hitzetagen – mit mehr als 30 Grad C – ist eine davon. Reihen sich einige solcher „Hundstage“ aneinander, spricht man von einer Hitzewelle. Vor allem im städtischen Raum – ohne spürbare nächtliche Abkühlung und mit wenig Grünraum – werden diese Tage als besonders belastend empfunden. „In Hitzeperioden gibt es zum Beispiel mehr Stürze von alten, multimorbiden Menschen. Ältere haben meist eine verminderte Schweißproduktion, reduzierte Hautdurchblutung, Vorerkrankungen, sind eingeschränkt mobil und nehmen diverse Medikamente ein. All das kann die Adaption an Hitze beeinträchtigen. Die Folge sind zum Beispiel Schwindel und Benommenheit mit erhöhter Sturzgefahr“, sagt Dr. Thomas Peinbauer, Allgemeinmediziner im Gesundheitszentrum Haslach. Der Hausarzt beschäftigt sich intensiv mit Global Health und Planetary Health im hausärztlichen Kontext. Medikamente, vor allem Arzneien, die Herz-Kreislauf, Wasser- und Elektrolythaushalt oder Nervensystem beeinflussen, können bei Hitze ungewohnt wirken.
Wichtig: Ältere Patienten, sollen vor dem Sommer beim Hausarzt oder der Hausärztin einen Medikamentencheck durchführen lassen und die Medikation gegebenenfalls, laut ärztlicher Anordnung, anpassen.
Dr. Thomas Peinbauer nennt häufige Ursachen für Todesfälle während Hitzewellen: „Neben schweren Stürzen sind das Erkrankungen und Ereignisse die Herz-Kreislauf, Atmung und Gehirndurchblutung betreffen.“ Bei Unruhe, Benommenheit oder Verwirrtheit eines chronisch Kranken sofort den Arzt/die Ärztin rufen!
Auch Babys und Kleinkinder haben Probleme mit der Anpassung an heiße Temperaturen. Das System der Wärmeregulation ist bei ihnen noch nicht ausgereift, daher steigt ihre Körpertemperatur rasch an.
Folgen der Hitze in und um uns
Folgen von heißen Außentemperaturen und UV-Belastung:
- Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
- Mehrbelastung von Menschen, die im Freien arbeiten oder sporteln. Daher die Mittagshitze meiden und Trainingseinheiten in der Früh oder abends absolvieren.
- Zunahme von Luftschadstoffen, insbesondere von Ozon und Feinstaub.
- Erhöhtes Hautkrebsrisiko durch hohe UV-Belastung. Sonnenschutz ist für den Aufenthalt im Freien ein Muss.
- Vermehrte bakteriologische Beeinträchtigung von Lebensmitteln und Trinkwasser ist möglich. Damit steigt die Gefahr für lebensmittelbedingte Infektionen.
- Vermehrtes Auftreten von Krankheitserregern in Badegewässern.
- Wirkungsveränderung von Medikamenten bei unsachgemäßer Lagerung.
Siesta und Schonung sind angesagt
Ein gesunder Organismus kann sich innerhalb weniger Tage an veränderte klimatische Gegebenheiten anpassen, auch wenn die Hitze den Schlaf und das psychische Wohlbefinden vorübergehend beeinträchtigen kann.
Folgende Maßnahmen helfen gut durch Hitzetage zu kommen:
- Feucht-kühle Umschläge an Armen, Beinen, in Gesicht und Nacken
- Kühle Fuß- und Armbäder: Der Kneippsche Espresso, wie das kalte Armbad nach Pfarrer Kneipp genannt wird, ist zum Beispiel ein natürlicher Wachmacher, der an- aber nicht aufregt. Das Armbad fördert die Blutzirkulation, regt den Stoffwechsel an, fördert die Durchblutung des Herzmuskels, erfrischt bei Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Dazu lässt man kaltes Wasser (12 bis 18 Grad C) in das Waschbecken ein und legt die Arme bis über die Ellbogen 30 bis 40 Sekunden lang hinein. Danach das Wasser abstreifen und die Arme durch Bewegung wieder erwärmen.
- Sprühflasche immer dabei: Sprühflasche mit kaltem Wasser sollte bei Hitze immer zur Hand sein. Gesicht, Arme, Beine, Dekolleté bespritzen. Durch die Verdunstung des Wassers wird der Körper gekühlt.
- Ventilatoren bei hohen Temperaturen und normaler Luftfeuchtigkeit aufstellen.
- Siesta halten: Wer es sich leisten kann, sollte die pralle Mittagssonne und körperliche Belastung zu dieser Zeit meiden.
- Nachts und frühmorgens lüften: tagsüber Fenster und Rolläden schließen.
- Helle, luftige Kleidung aus Naturmaterialien tragen.
- Sonnenschutz und -brille sowie Kopfbedeckung bei Aktivitäten draußen tragen.
- Ausreichend Flüssigkeit zuführen: Wasser zum Beispiel mit kühlenden Kräutern wie Pfefferminze, Salbei, Basilikum und Zitronenmelisse versetzen. Auf Getränke mit Alkohol und viel Zucker verzichten, Koffeinzufuhr einschränken. Sehr kalte Getränke meiden.
- Mehrmals täglich leichte, kleine Mahlzeiten zu sich nehmen: Salate, wasserreiches Obst und Gemüse etc.
Extremes Wetter, neue Krankheitserreger
Die Klimaveränderung birgt die Gefahr der Zunahme von respiratorischen Erkrankungen und Allergien, weil sich die Lebensbedingungen für angestammte und neue Krankheitserreger verbessern können. Infos und Tipps zum Thema Klima und Allergie lesen Sie in dem gesonderten Artikel „Folgen der Klimaveränderung – Pollen fliegen früher und länger“ auf der Website des Gesundheitszentrums Haslach.
Zecken werden sich künftig zum Beispiel in nördlichere Gebiete ausbreiten und mit ihnen auch die FSME. „Exotische“ Krankheitsüberträger wie etwa die Tigermücke werden vermehrt vorkommen und die Fälle von Dengue-Fieber, Zika-Erkrankung und West-Nil Fieber ansteigen lassen. In Badegewässern können sich Blaualgen mit Hautreizungen bemerkbar machen.
Extreme Wetterereignisse und deren Folgen können zu Stress, Traumata oder Depressionen führen.
Anhaltende Hitze kann die Konzentration von Luftschadstoffen wie Feinstaub, Ozon und Stickoxiden vor allem im Stadtgebiet erhöhen und chronisch Lungenkranke mit COPD bzw. Asthma vermehrt belasten.
Hausärzt:innen kommt die Aufgabe zu, Risikogruppen für Hitze unter ihren Patient:innen und deren Angehörige vermehrt über Gefahren zu informieren und sie beim vorsommerlichen Medikamenten-Check individuell und gezielt zu beraten.
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