Während die einen Väterchen Frost und schon Spaziergänge in der Kälte meiden, suchen andere den Kältekick beim Eisbaden. Immunsystem, Herz-Kreislauf, Psyche und Fettverbrennung sollen davon profitieren. Auch wenn Eisbaden boomt, wissenschaftlich belegt ist die gesundheitsfördernde Wirkung bisher nicht ausreichend. Eisbader berichten, dass sie sich fitter, aktiver und glücklicher fühlen. Wer an das winterliche Untertauchen im See denkt, muss vorher unbedingt einen ärztlichen Check durchführen und sich gut darauf vorbereiten.
In Skandinavien ist Eisbaden ein Volkssport, auch hierzulande wagen sich immer mehr Mutige bis zur Brust in eiskalte Gewässer oder Seen. Eines vorweg: Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie koronarer Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche sollten das Eintauchen in Wasser von 15 bis 0 Grad C sein lassen!
Menschen mit Bluthochdruck sollten nur in Rücksprache mit ihrer Ärztin/ihrem Arzt diesen Kälteschock durchführen, weil er zyklisch zu Gefäßverengung und -erweiterung führt, was gefährlich werden kann. Bei den ersten Versuchen steigt der Blutdruck signifikant und darum sollten sich nur Patienten mit gut kontrolliertem Blutdruck ins „Eiswasser“ trauen. Erst, wenn sich der Körper an diesen Kältereiz adaptiert hat, verliert sich dieser Effekt.
Verweildauer langsam steigern
Anfangs nur kurz – man findet Empfehlungen von 10 bis 30 Sekunden oder auch etwas mehr – untertauchen, um Unterkühlungen zu vermeiden.
Mit der Zeit kann man das Eisbad bis zu drei oder fünf Minuten steigern. Dabei immer auf den eigenen Körper hören. Körperfett und Konstitution entscheiden bei der Verweildauer mit. Sobald es zu sehr schmerzt und man anfängt, stark zu zittern, sollte man das Eisbaden definitiv beenden.
Spitzensportler tauchen zur Regeneration ins Eiswasser ab
Vom Eisbaden zu unterscheiden ist das kalte Tauchbad, welches Spitzensportler direkt nach der Belastung in einer Tonne oder Wanne, die mit Eiswürfel und Wasser gefüllt ist, durchführen, um sich schneller zu regenerieren, Muskelverletzungen zu minimieren und den Abtransport von Stoffwechsel-Endprodukten zu beschleunigen. Hier liegen die Wassertemperaturen bei 10 bis 15 Grad C.
Grenzerfahrung der besonderen Art
Eisbaden im See oder Meer unter 10 Grad C ist auf jeden Fall eine Grenzerfahrung und ein Schock für den Körper. Es fühlt sich vielleicht an wie 100.000 Nadelstiche, der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck erhöht sich, die Atmung wird schnell und flach, Blut- und Hautgefäße ziehen sich zusammen, um die Wärme in den lebenswichtigen Organen zu halten. Ein Cocktail aus Stress- und Glückshormonen (Adrenalin, Cortisol, Dopamin, Endorphine) wird ausgeschüttet. Das macht hellwach, leistungsstark und euphorisch. Das Stresshormon Cortisol wirkt auch entzündungshemmend. Nach dem Verlassen des Wassers weiten sich die Blutgefäße wieder, wodurch die Durchblutung und Regeneration angeregt werden.
Forscher lieferten erste Beweise, dass Eisbaden das braune Körperfett, das bei der Wärmeproduktion essenziell ist, erhöht bzw. weißes Fett in braunes umgewandelt wird. Das könnte eventuell auch beim Abnehmen helfen und einen schützenden Effekt auf die Entwicklung von Diabetes und kardiovaskuläre Probleme haben. „Eisbade-Profis“ berichten zudem von gestärktem Immunsystem, milderen Verläufen bei Infekten, mehr Energie und besseres psychisches Allgemeinbefinden. Sie empfinden weniger Stress und fühlen sich glücklich. Positiv könnte sich der Kälteschock auf Rheuma, Asthma und Entzündungen auswirken. Bewiesen ist dies jedoch nicht.
Gut vorbereitet zum Kälteschock
Langfristig profitieren die Gefäße, Durchblutung und mentale Widerstandskraft vom Eisbad.
Sehr wichtig ist, die richtige Vorbereitung und Durchführung des kalten Bades.
Tipps zur Vorbereitung:
- Ärztlicher Check
- Start im Herbst, um den Körper an das kalte Wasser zu gewöhnen
- Regelmäßig daheim Wechselduschen (warm/kalt) durchführen und den Reiz bis zum kalten Duschen steigern.
- Atemübungen trainieren.
Los geht’s – Tipps zum Eisbaden:
- Immer eine Begleitperson mitnehmen.
- Warme Kleidung oder Bademantel am Ufer bereitlegen, um sich rasch ankleiden zu können.
- Haube, Neoprenhandschuhe und -schuhe/socken tragen, denn über den Kopf, die Hände und Füße geht viel Wärme verloren.
- Schritt für Schritt ins ruhige Wasser gehen, nie springen oder laufen. Kopf schaut immer heraus. Das erste Mal eventuell nur mit den unteren Extremitäten ins Wasser.
- Ruhig und bewusst atmen, um Panik und Hyperventilation zu verhindern und die Kälteschock-Reaktion zu kontrollieren.
- Anfangs nur rund 10 Sekunden im Wasser bleiben, langsam steigern. Für Fortgeschrittene gilt die Regel: 1 Minute im Wasser pro Grad C des Wassers = maximal 10 Minuten bei 10 Grad kaltem Wasser.
- Nach dem Herauskommen sofort warm anziehen und sich bewegen, damit der Kreislauf wieder in Schwung kommt.
- Maximal zwei Mal pro Woche ins Eisbad.
- Unterkühlung vermeiden: Bei starkem Zittern oder Schmerzen an Fingern oder Füßen aus dem Wasser. Die eigenen Grenzen nicht übergehen.
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