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Depression ist eine Volkskrankheit und keine persönliche Schwäche

Wer kennt sie nicht, die Tage, an denen uns das Leben mut- und antriebslos zurücklässt. Meist gibt es dafür einen triftigen Grund und diese depressive Verstimmung geht vorüber. Eine Depression hingegen legt sich wochenlang schwer auf die Seele, die Betroffenen fühlen sich antriebslos, müde, niedergeschlagen und ohne Perspektive. Aufforderungen wie „Reiss dich ein bisserl zusammen“ sind fehl am Platz, können die Lage und Selbstzweifel noch verschlimmern. Eine Depression ist keine Schwäche, sondern eine Krankheit, die möglichst bald behandelt werden soll.

Bei der Depression kann man von einer Volkskrankheit sprechen, sie kommt doppelt so häufig wie etwa Diabetes vor. Im Schnitt jeder fünfte Österreicher erleidet in seinem Leben eine Depression, ein Drittel davon erkranken an einer saisonal abhängigen Depression (SAD). Es kann jeden treffen und die Krankheit bessert sich ohne Behandlung nur selten von alleine. Die Sterblichkeit bei einer schweren Depression beträgt 20 %. Vor allem Männer ab 75 Jahren sind besonders selbstmordgefährdet. Ein wesentlicher Risikofaktor für Suizid ist die Einsamkeit.

Der Alltag ist kaum mehr zu bewältigen

Die psychische Erkrankung beeinflusst Denken, Fühlen und Verhalten einer Person dauerhaft. Die Symptome sind oftmals so schwer, dass der Alltag nicht mehr bewältigt werden kann. Zu den Hauptsymptomen gehören:

  • depressive, gedrückte Stimmung, viele sprechen von einer inneren Gefühlsleere
  • Interesse- und Freudlosigkeit
  • verminderter Antrieb, rasche Ermüdbarkeit, Einschränkungen der Aktivität.

 

Dazu kommen meist weitere Anzeichen wie:

  • sozialer Rückzug, Ängste
  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, Gedächtnisstörung
  • vermindertes Selbstvertrauen, Selbstzweifel
  • Schuldgefühle, Wertlosigkeitsgefühl
  • Perspektivenlosigkeit
  • Suizidgedanken
  • Durchschlafstörungen mit nächtlichem Grübeln
  • verminderter Appetit

Bei leichten- bis mittelgradigen Formen kann sich auch ein somatisches Syndrom mit folgenden Symptomen zeigen:

  • extremes Morgentief mit Niedergeschlagenheit
  • Gewichtsverlust von häufig mehr als fünf Prozent des Körpergewichts im Monat
  • Libidoverlust
  • körperliche Abgeschlagenheit,
  • Verdauungsstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Druckgefühl im Halsbereich, als hätte man einen Kloß im Hals
  • Probleme mit der Atmung bzw. von Herz-/Kreislauf (schnelles Herzklopfen etc.)
  • Schwindel,
  • Sehprobleme
  • Muskelverspannungen, Nervenschmerzen

 

Die Ursache körperlicher Probleme muss immer abgeklärt werden.

Gefahr für Suchtverhalten steigt – Männer oft reizbar und aggressiv

Die Neigung zu Suchtverhalten nimmt während einer Depression oft zu. Bei schweren Depressionen können auch Wahnvorstellungen und/oder Halluzinationen vorkommen.

Männer reagieren oftmals weniger apathisch als viel mehr reizbar, aggressiv mit wenig Stresstoleranz. Dazu kommt höherer Konsum von Alkohol und Zigaretten.

Bei einer bipolaren Depression wechseln sich depressive Phasen mit manischen oder euphorischen, überdrehten Phasen ab.

Multifaktorielle Ursache

Die Ursache einer Depression wird meist multifaktoriell und individuell beschrieben mit einer biologischen, genetischen und psychosozialen Komponente. Die Nervenzellen im Gehirn kommunizieren über elektrische Impulse und Botenstoffe wie Serotonin (zuständig für Geborgenheit, Wohlgefühl, Stabilität) und Noradrenalin (zuständig für den Antrieb). Ein gestörter Serotonin- und/oder Noradrenalinspiegel im Gehirngewebe ist mitverantwortlich für die Depression. Auch eine Fehlregulation der Stresshormone – erhöhter Cortisolspiegel – kann mitspielen. Die persönliche Lebenseinstellung hat Einfluss auf das Depressionsrisiko. Schwarzseher und negativ denkende Menschen scheinen anfälliger zu sein als Menschen mit Selbstwertgefühl, guter Resilienz und optimistischer Sicht auf das Leben. Chronische Krankheiten und Schilddrüsenfehlfunktionen erhöhen ebenfalls das Depressionsrisiko.

Konsequent und früh behandeln

Grundsätzlich ist eine Depression gut behandelbar, was nicht heißt, dass man sie für immer los wird und es zu keinem Rückfall kommen kann. Scham ist fehl am Platz, lieber früh die Hausärztin oder den Hausarzt aufsuchen, damit die psychische Erkrankung nicht chronisch wird. Die Expertin oder der Experte entscheidet über Behandlung oder überweist zur Fachärztin oder Facharzt für Psychiatrie und/oder zu einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten.

Abhängig von der Schwere wird in der Regel mit Psychotherapie, antidepressiven Medikamenten oder einer Kombination behandelt.

Wer sich auf eine Psychotherapie einlässt, kann nicht nur die Erkrankung überwinden, sondern verbessert auch seine psychische Stabilität und Widerstandsfähigkeit.

Bei den Medikamenten gibt es verschiedene Substanzgruppen. Oftmals kommen Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) zum Einsatz. Sie beeinflussen den Hirnstoffwechsel positiv und vermehren das Glückshormon Serotonin. Die Wirksamkeit der Medikamente zeigt sich nach etwa zwei Wochen. Sie müssen mindestens sechs Monate lang eingenommen werden. Laut Experten sind es nur rund vier Prozent der Patienten, die so ein Medikament tatsächlich über sechs Monate hinweg einnehmen. Viele hören damit auf, sobald sich eine Verbesserung des Zustandes zeigt. Dieser verschlimmert sich nach Absetzen aber meist wieder.

Als Nebenwirkungen der SSRI sind Libidoverringerung sowie Übelkeit und Durchfall zu nennen, die nach einigen Tagen meist wieder verschwinden.

Regelmäßiges Sporttreiben wirkt, laut Studien, nicht nur antidepressiv, er gibt auch Selbstwert und hebt den Antrieb. Training in der Gruppe wirkt dem sozialen Rückzug und der Einsamkeit entgegen.

Alle Jahre Winter – Winterblues

Die saisonal abhängige Depression (SAD), auch Herbst- oder Winterdepression genannt, ist eine Sonderform, die in der dunklen Jahreszeit bis zum Frühling hin auftritt. Die Hauptsymptome sind jene, die auch bei der klassischen Depression vorhanden sind. Spezifisch für die SAD ist der Heißhunger auf Süßes, erhöhtes Schlafbedürfnis bzw. gesteigerte Müdigkeit. Die klassische Durchschlafstörung fehlt oft.

Auslöser der SAD ist das fehlende Tageslicht, was die Produktion des Muntermacherhormons Serotonin und den Abbau des Schlafhormons Melatonin hemmt. Zuviel Melatonin macht müde, missgelaunt und schlapp. Den Serotoninmangel versucht der Körper mit Süßem auszugleichen, weil Schokoladeinhaltsstoffe die Serotoninausschüttung erhöhen können.

Raus in die Natur und Lichttherapie

Um den Winterblues zu lindern, regelmäßig hinaus in die Natur/ins Tageslicht gehen. Lichttherapie mit Vollsprektrumlampen ohne UV-Licht von 5000 bis 10.000 Lux helfen vielen Betroffenen. Je nach Lichtstärke soll man eine halbe Stunde oder länger pro Tag neben der Lampe sitzen (nicht direkt in die Lame schauen). Man kann sie zum Beispiel auf dem Schreibtisch oder neben dem Fernseher platzieren. Betroffene verspüren oftmals schon nach einer Woche eine Verbesserung von Stimmung und Antrieb. Ob bei SAD eine medikamentöse Therapie notwendig ist, entscheidet die behandelnde Ärztin oder der Arzt.

Psychische Gesundheit stärken

Zu 100 Prozent kann man einer Depression nicht vorbeugen. Wer sein Risiko verringern möchte, sollte Dauerstress vermeiden, den Selbstwert stärken und wohltuende soziale Beziehungen pflegen, sich mit Angehörigen oder Freunden über Sorgen, Freud und Leid austauschen. Sport und regelmäßige Bewegung sind für die seelische Gesundheit wichtig. Pessimisten sollten trainieren, das Glas öfter „halb voll“ als „halb leer“ zu sehen.

Fotos: freepik

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