Angst gehört wie Freude, Lust, Wut und Trauer zu den Grundgefühlen des Menschen. Sie kann in kritischen Situationen lebensrettend sein, tritt sie jedoch ohne Grund und so stark auf, dass sie nicht kontrolliert werden kann sowie die Lebensqualität beeinträchtigt, ist sie als krankhaft einzustufen. Angststörungen gehöre neben Depressionen und Alkoholabhängigkeit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
Wie ängstlich ein Mensch ist, scheint multifaktoriell begründet. Veranlagung und Erfahrungen in der frühen Kindheit prägen die Angstbereitschaft. Von einer Erkrankung spricht man erst, wenn die Angst entweder grundlos ständig vorhanden ist oder einen ohne Anlass überfällt. Die Corona-Pandemie samt Lockdowns und Einschränkung des sozialen Lebens, der Ukraine-Krieg, die gegenwärtige Inflation und Teuerung, alles Situationen, die Ängste schüren und bestehende verschlechtern können. Die Übergänge zwischen gesunder Furcht und krankhafter Angst sind fließend. Studien zeigen, dass vor allem bei Jugendlichen und jungen Menschen Angststörungen in den letzten Jahren zugenommen haben. Erreicht die Angst ein belastendes Ausmaß, sich professionelle Hilfe holen und primär an die Hausärzt:innen und in weiterer Folge, wenn notwendig, mit Überweisung an Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen oder Psychiater:innen wenden. Prognose und Behandlungsmöglichkeiten sind gut.
Angst mobilisiert in gefährlichen Situationen alle Reserven, die für Flucht oder Kampf notwendig sind. Daher geht große Furcht auch mit körperlichen Symptomen einher. Dazu gehören zum Beispiel:
- Herzrasen, beschleunigter Puls
- Schweißausbruch
- Zittern
- Beschleunigte Atmung
- Schwindel
- Mundtrockenheit
- Enge und Schmerzen in Brust
Bei Frauen sind Angststörungen die häufigste psychische Störung, bei Männern die zweithäufigste. Generalisierte Angst (Lebensangst), Phobien und Panikattacken sind die häufigsten Angsterkrankungen:
Generalisierte Angst
Sorgen, Ängste und/oder Grübeln werden ohne Auslöser zum ständigen Begleiter. Man spricht auch von Lebensangst. Das diffuse Angstgefühl geht oftmals mit einer vegetativen Übererregbarkeit mit Folgen wie Schwindel, Schlafstörungen, Bauchweh, Herzklopfen etc. einher. Betroffene quält beispielsweise ständig Existenzangst oder sie fürchten, dass ihnen oder Angehörigen etwas Schlimmes passieren kann; reale Gefahren etwa im Straßenverkehr werden extrem überschätzt.
Entspannungstechniken helfen die körperlichen Symptome zu reduzieren. Training der sozialen Kompetenzen und Verbesserung des Selbstbewusstseins und der Selbstsicherheit können helfen, die Angst zu minimieren.
Phobie
Phobien sind die häufigste Angststörung und definiert als irrationale Angst vor bestimmten Situationen, Aktivitäten oder Tieren wie etwa die Phobie vor Spinnen, vor dem Fliegen, vor Höhe, Menschenansammlungen ohne Fluchtmöglichkeit, geschlossenen Räumen, Spritzen oder Bakterien/Viren. Angst vor Spinnen oder Hunden haben viele Menschen, von einer Phobie spricht man erst, wenn man angesichts des Tieres handlungsunfähig wird.
Bekannt ist auch die Sozialphobie, bei der Betroffene Angst haben, sich vor anderen zu blamieren, dass sie negativ beurteilt werden oder etwa vor anderen reden müssen. Solche Menschen schränken oftmals soziale Kontakte ein und isolieren sich.
Die Corona-Pandemie mit Homeschooling und fehlenden Sozialkontakten war bei manchen Kindern/Jugendlichen der Auslöser für eine massive Schulangst.
Eine Phobie muss nicht zwingend behandelt werden, wenn die Lebensqualität nicht darunter leidet. Therapiert wird sie mit Psychotherapie. Auch Selbsthilfegruppen können helfen, die Selbstabwertung zu verringern und den Selbstwert zu stärken sowie Situationen realistischer einzuschätzen.
Menschen mit isolierter Angst etwa vor Spinnen, Hunden, geschlossenen Räumen oder Höhe können in der Konfrontationstherapie den Umgang mit den Angstauslösern trainieren. Vielen gelingt es langsam ihre irrationale Angst zu relativieren. Medikamente sind meist nicht notwendig.
Panikattacken
Diese überfallen jemanden plötzlich, können allerorts und zu jeder Zeit auftreten. Bis zu 5 % der Österreicher:innen leiden irgendwann im Leben einmal daran. Eine Attacke dauert meist nur einige Minuten lang, kann aber auch mehrmals hintereinander auftreten. Da sie mit Symptomen einhergeht, die einem Herzinfarkt ähnlich sind, nämlich Druck und Schmerzen in der Brust, Herzrasen, Blutdruck, der in die Höhe schnellt, Übelkeit und Todesangst, muss genau abgeklärt werden, was die Ursache des Zustandes ist.
Bei der Panikattacke kommt die Angst vor der Angst dazu. Die Betroffenen fürchten zum Beispiel mit dem Auto zu fahren, sofern sie während des Fahrens schon einmal eine Attacke hatten. Panikattacken treffen nicht vorsätzlich die Überängstlichen, sondern eher Menschen, die psychischer Belastung oder Stress ausgeliefert sind.
Die Behandlung ist individuell mit Psychotherapie, dem Erlernen einer Entspannungstechnik und eventuell Medikamenten.
Posttraumatische Ängste oder Belastungsstörungen (PTS)
Diese Sonderform der Angst tritt nach extrem belastender oder bedrohlicher Situation, sprich einem Trauma auf, wie etwa einer Kriegserfahrung, dem Erleben einer Naturkatastrophe, nach einem Unfall oder Gewaltverbrechen. Typisch für PTS sind „Flashbacks“: Plötzliche Erinnerungsstücke, die das Trauma neu erleben lassen. Ausgelöst können sie durch Gerüche, Geräusche, bestimmte Worte werden, die mit dem Trauma verknüpft sind.
Um solche Auslöser zu vermeiden, ziehen sich Betroffene oftmals zurück, sind nervös, reizbar, leiden unter Konzentrations- und Schlafstörungen.
Ratsam ist ein schneller Therapiebeginn nach Erleiden des Traumas (Notfallpsychologie).
Der Angst begegnen – Selbsthilfe
Je länger die Symptome einer Angststörung andauern, desto eher manifestiert sich die Krankheit und die Therapie wird schwieriger. Sinnvoll ist es auf jeden Fall eine Entspannungstechnik zu erlernen, denn Angst und Entspannung sind Gefühlszustände, die sich einander ausschließen.
Gesunder Lebensstil kann die Angst positiv beeinflussen. Regelmäßige Bewegung baut Stress ab und verhilft zu besserem Schlaf, ausgewogene Kost gibt Energie. Das wirkt sich positiv auf die psychische Stabilität und Widerstandskraft aus. Sich nicht auf negative Gedanken fokussieren, sondern auch die schönen und guten Momente im Alltag und Leben sehen und genießen!
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